Diese Gegend ist relativ eben und flach, sie hat praktisch keine Ströme und Flüsse an der Erdoberfläche. Jedoch findet man dort die weltweit schönsten Cenoten und Flüsse, die unterirdisch fließen. Ein Cenote entwickelt sich in sogenannten Karstgebieten, die in Mexiko besonders häufig vorkommen. Die einzigartige offene Höhlenform entsteht dann durch den Einsturz der Decke oder durch ein Loch in der Grotte (Doline), das sowohl Sonnenlicht als auch Süßwasser hinein lässt. Je nach Entstehung und Beschaffenheit hat jeder Cenote eine ganz eigene Optik – während einige aussehen wie große, offene Seen, sind andere klein und verwinkelt. Der Begriff stammt von den Maya und bedeutet „Heilige Quelle“. Die Maya nutzten die Cenoten als Brunnen, sie dienten damit der Wasserversorgung, die in nahezu allen anderen Hochkulturen durch große oberirdische Flüsse erfolgte. Insgesamt wird die Zahl der Cenoten in Mexiko auf 6000 geschätzt. Sie besitzen im Durchschnitt eine Tiefe von etwa 15 Metern, vereinzelt auch von über 100 Metern. Häufig sind dort Pappelbäume vorzufinden, deren Stamm auf der Oberfläche des Gewölbes liegt, die Luftwurzeln aber hinabfallen, bis sie das Wasser erreichen. Diese geben dem Baum Halt, sie sind aber auch immer auf der Suche nach der lebenswichtigen Flüssigkeit, um sich zu hydratisieren.
Auch der schönste und größte Pappelbaum bleibt von Dürrezeiten nicht verschont. Wenn der Regen für längere Zeit ausbleibt, vertrocknet nach und nach alles. Auch in deinem Leben wird es Phasen geben, wo der Regen ausbleibt; wo es Herausforderungen im Beruf gibt, Sorgen in der Erziehung der Kinder, Probleme gesundheitlicher Art, wo Freundschaften in die Brüche gehen, wo der Wunsch nach einem Partner oder nach eigenen Kindern nicht in Erfüllung geht. Und doch bleibt der Baum unbekümmert. Natürlich empfinde ich solche Beeinträchtigungen, und sie machen mir Mühe – aber sie sollen mein Vertrauen auf Gott nicht schwächen oder schwinden lassen. Das tägliche Aufnehmen des Wassers lässt den Baum auch Dürrezeiten überstehen.
Ich springe in das kühle Nass des Cenote. Staunend und voller Neugier schaue ich mir die Álamo-Wurzeln nochmal aus der Nähe an und es wird mir klar: Genauso möchte ich auch meine Wurzeln zu Jesus, dem Wasser des Lebens, hinstrecken. „Ich gleiche einem Baum, der seine Wurzeln zum Wasser streckt; auf seine Zweige legt sich nachts der Tau.“ (Hiob 29,19, HFA)
M. Di Franca