Unsere Erde
15/01/2021Der Große Kampf
01/08/2021„Ich gleiche einem Baum, der seine Wurzeln zum Wasser streckt; auf seine Zweige legt sich nachts der Tau.“ (Hiob 29,19, HFA)
S onnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch die Höhlenöffnung, das Wasser im Inneren glitzert Türkis, an den Wänden ranken sich Lianen und meterlange Álamo-Wurzeln (Pappeln) hinab ans Wasser. Am Ufer sind Sumpfpflanzen und Seerosen zu sehen. Nur das Gezwitscher exotischer Vögel ist zu hören, ansonsten bin ich ganz alleine hier, am Cenote Xbatun auf der Halbinsel Yucatan in Mexiko.
Diese Gegend ist relativ eben und flach, sie hat praktisch keine Ströme und Flüsse an der Erdoberfläche. Jedoch findet man dort die weltweit schönsten Cenoten und Flüsse, die unterirdisch fließen. Ein Cenote entwickelt sich in sogenannten Karstgebieten, die in Mexiko besonders häufig vorkommen. Die einzigartige offene Höhlenform entsteht dann durch den Einsturz der Decke oder durch ein Loch in der Grotte (Doline), das sowohl Sonnenlicht als auch Süßwasser hinein lässt. Je nach Entstehung und Beschaffenheit hat jeder Cenote eine ganz eigene Optik – während einige aussehen wie große, offene Seen, sind andere klein und verwinkelt. Der Begriff stammt von den Maya und bedeutet „Heilige Quelle“. Die Maya nutzten die Cenoten als Brunnen, sie dienten damit der Wasserversorgung, die in nahezu allen anderen Hochkulturen durch große oberirdische Flüsse erfolgte. Insgesamt wird die Zahl der Cenoten in Mexiko auf 6000 geschätzt. Sie besitzen im Durchschnitt eine Tiefe von etwa 15 Metern, vereinzelt auch von über 100 Metern. Häufig sind dort Pappelbäume vorzufinden, deren Stamm auf der Oberfläche des Gewölbes liegt, die Luftwurzeln aber hinabfallen, bis sie das Wasser erreichen. Diese geben dem Baum Halt, sie sind aber auch immer auf der Suche nach der lebenswichtigen Flüssigkeit, um sich zu hydratisieren.
D ie Bibel verwendet ein ähnliches Bild für uns Menschen: „Doch ich segne jeden, der seine Hoffnung auf mich, den HERRN, setzt und mir ganz vertraut. Er ist wie ein Baum, der nah am Bach gepflanzt ist und seine Wurzeln zum Wasser streckt: Die Hitze fürchtet er nicht, denn seine Blätter bleiben grün. Auch wenn ein trockenes Jahr kommt, sorgt er sich nicht, sondern trägt Jahr für Jahr Frucht.“ (Jeremia 17,7-8, HFA) Aus dem Vergleich mit dem Baum wird mir deutlich, dass mein Hoffen auf den Herrn nicht von selbst kommt, sondern dass da ein Zusammenhang besteht zwischen den Wurzeln, dem Wasser und dem äußeren Erscheinungsbild des Baumes – unabhängig davon, wie meine aktuelle Situation ist. Als ich Jesus als persönlichen Retter im Glauben annahm, wurde ich sozusagen «am Wasser gepflanzt». Das Wort Gottes hat an meinem Herzen gewirkt und zum Glauben an den Erlöser geführt. Aber dann kommt etwas Zweites dazu: Der Baum ist nicht nur am Wasser gepflanzt, er tut selbst etwas dazu: Er streckt seine Wurzeln aus, so wie der Pappelbaum seine Wurzeln zum Wasser des Cenote hinabwachsen lässt. Als wiedergeborene Christin habe ich mich nicht nur bekehrt; ich fing auch an, im Wort Gottes zu lesen, es zur Richtschnur für mein ganzes Leben zu machen. Es ist zum einen das Fundament des Glaubens, zum anderen der Halt in stürmischen Zeiten. Kommen Angriffe von außen, Zweifel von innen – im Wort Gottes finde ich die Festigkeit für das tägliche Leben. Mithilfe der Bibel kann ich auch meinen inneren Durst stillen – so wie der Baum das Wasser über die Wurzeln aufsaugt.
Auch der schönste und größte Pappelbaum bleibt von Dürrezeiten nicht verschont. Wenn der Regen für längere Zeit ausbleibt, vertrocknet nach und nach alles. Auch in deinem Leben wird es Phasen geben, wo der Regen ausbleibt; wo es Herausforderungen im Beruf gibt, Sorgen in der Erziehung der Kinder, Probleme gesundheitlicher Art, wo Freundschaften in die Brüche gehen, wo der Wunsch nach einem Partner oder nach eigenen Kindern nicht in Erfüllung geht. Und doch bleibt der Baum unbekümmert. Natürlich empfinde ich solche Beeinträchtigungen, und sie machen mir Mühe – aber sie sollen mein Vertrauen auf Gott nicht schwächen oder schwinden lassen. Das tägliche Aufnehmen des Wassers lässt den Baum auch Dürrezeiten überstehen.
Ich springe in das kühle Nass des Cenote. Staunend und voller Neugier schaue ich mir die Álamo-Wurzeln nochmal aus der Nähe an und es wird mir klar: Genauso möchte ich auch meine Wurzeln zu Jesus, dem Wasser des Lebens, hinstrecken. „Ich gleiche einem Baum, der seine Wurzeln zum Wasser streckt; auf seine Zweige legt sich nachts der Tau.“ (Hiob 29,19, HFA)
M. Di Franca